Wir schreiben das Jahr 2013. Unser Leben findet zu einem noch vor 10 Jahren undenkbar großem Anteil online statt. Wir connecten uns auf Facebook und Co. und sharen alles, was uns in die Quere kommt. Damit wir online gut dastehen und jeder weiß, wer wir sind, wird unser Profil ausgefüllt. Name, Geburtstag, Ausbildung, Arbeitsplatz, Wohnort und vieles mehr.
Die Daten müssen ja auch im Profil stehen, es gibt ja mehrere Leute mit dem Namen Max Mustermann. Meine Freunde sollen mich ja finden können! Ich habe einige meiner Freunde gefragt, was sie tun würden, wenn ich einige ihrer im Facebook-Profil veröffentlichten Daten sammeln würde und diese (ungefragt) an eine Firma weitergeben würde. Warum? Das steht weiter unten ;)
Darf ich deine Facebook-Profil-Daten weitergeben, ohne dich um Erlaubnis zu bitten?
Mich hat also interessiert, wie meine Freunde reagieren würden, wenn ich ihre veröffentlichten Profildaten sammeln und gebündelt an eine Firma weitergeben würde. Diese Nachricht habe ich an 22 Personen aus meinen Facebook-Kontakten versendet:
Hi XYZ,
ich schreibe gerade an einem Blogartikel für media-affin.de und habe dazu eine Frage an dich.
Wie würdest du reagieren beziehungsweise was würdest du tun, wenn ich Daten* aus deinem Facebook-Profil sammle und diese an ein Unternehmen oder eine Firma weitergebe, ohne dich darüber zu informieren?
*Mit Daten meine ich beispielsweise Informationen über deine Ausbildung und deine(n) Arbeitgeber, Wohnort(e) etc.
Wenn es für dich okay ist, würde ich deine Antwort oder Ausschnitte davon gerne anonym (also ohne Nennung deines Namens) zitieren.
Ich würde mich über zwei bis drei Sätze von dir dazu freuen!
Danke im Voraus!
Warum die Frage?
Der Grund für diese Frage, die ich an meine Kontakte geschickt habe, war der, dass mich die Akzeptanz von der Weitergabe persönlicher Daten interessiert hat. Der Hintergrund dazu ist der, dass viele die unterschiedlichsten Apps und Spiele auf Facebook nutzen. Die von der App geforderten Zugriffsrechte werden aber häufig nicht gelesen. Da einige Apps nicht nur auf das eigene Profil zugreifen, sondern auch auf die Profile von Kontakten, die die App nicht nutzen, habe ich genau die Leute angeschrieben, die einer App erlauben, meine Daten zu nutzen – ohne mich vorher gefragt zu haben (im Screenshot sind die Berechtigungen der App TripAdvisor zu sehen).
Alle, die mit Protest und Unverständnis reagiert haben, dürfen sich an dieser Stelle ertappt fühlen und darüber nachdenken, ob es okay ist, die Daten ihrer Freunde weiterzugeben, wenn sie selbst es nicht wollen.
Die Antworten: Von „ist in Ordnung“ über „rechtliche Schritte“ bis „ich würde dir ein blaues Auge verpassen“
Bevor ich zur Auswertung der Antworten komme: Vielen Dank an alle, die sich die Zeit genommen haben, mir teils sehr ausführlich zu antworten! Da wie gesagt einige Antworten sehr umfangreich waren und den Rahmen des Artikels sprengen würden, es aber gleichzeitig schade wäre, wenn die Gedankengänge einfach verloren gingen, habe ich mich dazu entschlossen, sie auf Google Drive zum Nachlesen zu verewigen (unzensiert und ungeschönt, also inklusive Rechtschreibfehler).
Insgesamt haben mir 12 Personen geantwortet. Repräsentativ ist das Umfrageergebnis also nicht. Aber es gibt einen schönen Überblick über die unterschiedlichen Denkweisen. Was mich natürlich gefreut hat, ist, dass immerhin zwei Leute von sich aus gesagt haben, dass sie mir das nicht zutrauen würden – danke ;)
Auszüge aus den Antworten
Ich habe mir die Freiheit herausgenommen, Rechtschreibfehler und Grammatikfehler zu korrigieren. Den Inhalt habe ich selbstverständlich nicht geändert.
Ich finde so ein Verhalten unter aller Sau, wäre daher auch sehr interessiert daran, was dich dazu verleitet, private Daten ohne zu fragen weiter zu leiten. Sehr wahrscheinlich würde ich dich aber runter putzen und, wenn es für mich brisante Daten wären, dir auch ein blaues Auge verpassen.
Meiner Meinung nach ist die Weitergabe von Daten über Ausbildung/Arbeitgeber und Wohnort in Ordnung! So lange es keine persönlichen Daten oder Fotos sind finde ich das okay. Ich bin sowieso der Meinung, dass häufig Daten an Dritte weitergegeben werden ohne dass man davon weis!
Allerdings spielst du wahrscheinlich darauf an, dass fb genau das tut, oder? Aber bei fb muss man doch den AGB zustimmen und angeben, dass man diese gelesen hat oder? Und da stimmt ja jeder von uns zu ohne auch nur ein Wort gelesen zu haben!
Das Unternehmen oder die Firma, denen du die Infos weitergeben würdest, könnten ja theoretisch selbst auf mein Profil gehen und sich die Infos rausnehmen. Von daher… Ob du’s machst oder die Firma…
Solang die Infos der Wahrheit entsprechen hätte ich, denke ich, kein Problem damit. Wenn ich hier bei Facebook etwas veröffentliche, dann MUSS ich auch mit den „Gefahren“ rechnen, die sich
dahinter verbergen. Es liegt alles an mir.
Ich würde vermutlich erst einmal mein fb-Profil sperren und mich darüber informieren, ob das rechtlich tragbar ist, dass du so etwas machst.
Wenn ich dich nicht kennen würde, würde ich vermutlich versuchen, rechtlich gegen dich vorzugehen (ich glaub aber zu wissen, dass das sehr schwer ist, wenn man Informationen oder Bilder aus Facebook nimmt, vor allem wenn sie nicht genug geschützt sind…)
Wenn Du mich als den besten Fotografen der Welt empfiehlst, hätte ich nichts dagegen.
Bei alledem kommt es auch drauf an:
Was macht die Firma denn mit meinen Daten? Bekomme ich nur einen Newsletter von denen, den ich jederzeit mit einem Klick abbestellen kann? Bekomme ich Werbepost, die ich in „Ablage P“ befördern kann? Verkaufen die meine Daten nochmals an andere Firmen weiter? Passiert im Anschluss etwas gravierendes? (z. B. dass ich keinen Job mehr bekomme, weil neue Arbeitgeber Einsicht in meine Daten haben?)
Das kann auch durchaus legitim sein. Wenn die Krankenkasse hilft, den Arzt meine Krankheit besser behandeln zu lassen oder Google mir dadurch komfortablere Dienste anbietet.
Das Problem besteht aber zunächst einmal darin, über diesen Vorgang Bescheid zu wissen. Die Aufklärung darüber was man bei Facebook darf und kann bzw. was mit meinen Daten passieren kann, ist mangelhaft.
Glücklicherweise habe ich aber nicht allzu viele Daten in meinem Profil stehen. Und das auch ganz bewusst. Immerhin werden wir ja schon über andere Quellen ausgeforscht genug. Aber ich denke, nicht das Profil enthält die meisten Infos, sondern die Kontakte und deren verschiedene (mehr oder weniger schlauen) Kommentare haben die größte Brisanz.
Es geht hierbei dann nicht um meine Daten (die findet man auch auf meinen HPs) sondern viel mehr um den Fakt, dass dies heimlich geschieht mit höchstwahrscheinlich gewinnorientierten Gedanken. Und somit viele unwissende User um ihre Daten gebracht werden.
Auswertung der Antworten
Ich habe die erhaltenen Antworten ausgewertet und die Daten in einem Diagramm verarbeitet. Mehrfach Nennungen waren dabei möglich, da es bei den Antworten häufig „wenn … dann …“-Formulierungen dabei waren.
Fazit: Nicht alle Daten müssen in einem Profil festgehalten werden!
Wie auch einige meiner Kontakte richtig festgestellt haben, ist jeder selbst dafür verantwortlich, welche Daten er wo von sich preisgibt. Immer im Hinterkopf behalten sollte man dabei, dass die Daten sehr leicht von Dritten gesammelt und genutzt werden können, mit oder ohne Zustimmung. Ein Geburtsdatum mag erstmal harmlos sein, wenn damit aber zum Beispiel Bankdaten verifiziert werden können wird schnell klar, wie vertraulich auch diese Angabe ist. Einen sehr guten Artikel dazu hat Richard Gutjahr geschrieben: Identitätsdiebstahl- Ich bin Du.
Was wäre deine Antwort auf meine Frage? Schreib es mir in die Kommentare!
Hallo Herr Horn,
mit Ihrem Post wird leider brutal deutlich, wie wenig sich so manche User über die Tragweite der Weitergabe ihrer persönlichen Daten bewusst sind…
Und mögen individuell noch so viele unterschiedliche Apps genutzt werden, die üblicherweise von „der App“ geforderten Zugriffsrechte werden aber häufig nicht gelesen…
Und so greifen legal einige Apps nicht nur auf das eigene Profil zu, sondern gerade auch auf die Profile von Kontakten, die eben diese App nicht nutzen…
Vorsicht also vor scheinbar harmlosen Apps, die es dennoch erlauben, Ihre Daten zu nutzen – ohne Sie vorher „wirklich um Zustimung“ gefragt zu haben…
… meint HJK
Hallo Dominik Horn,
diese App-DatenProblematik ist mir durchaus bewußt. Ich habe nur keine Lösung dafür
und bin ebenso der Meinung, es sind alles ohne äußeren Zwang, selbst veröffentlichte Daten.
Letztlich wäre ich sogar beeindruckt, wenn jemand sich hinsetzt diese Daten sammelt
und daraus auch noch für seinen Lebensunterhalt sowat wie Geld macht …
Denn letztlich ists doch egal, ob jemand Pilze sammelt oder Daten, er/sie muß nen
Käufer finden…
Tja und Aufwand/Nutzen müssen dann auch noch passen.
fröhliche Grüsse
Karen
Nettes Experiment. Um ein etwas repräsentativeres Ergebnis zu bekommen könnte das von weiteren FB Usern unabhängig voneinander gemacht werden die die Daten dann zusammenführen.
Als Entwickler für u.a. FB Anwendungen möchte ich eine falsche Annahme der folgenden Antwort korrigieren:
„Das Unternehmen oder die Firma, denen du die Infos weitergeben würdest, könnten ja theoretisch selbst auf mein Profil gehen und sich die Infos rausnehmen. Von daher… Ob du’s machst oder die Firma…“
Im Facebook (Graph) sind sowohl Privatpersonen, als auch Firmen „Objekte“. Nicht miteinander verbundene Objekte können jeweils nur die öffentlich zugänglichen Daten eines anderen Objekts lesen. (Das sind also die Daten, die die Firma lesen und speichern könnte, wenn diese selbst auf ein Profil gehen würde, von dessen Besitzer die Firma keine weiteren Berechtigungen erhalten hat.)
In dem Moment indem aber bspw der Autor die ihm zugänglichen Daten seiner Facebook Kontakte sammelt, beschränken sich diese nicht mehr auf die öffentlichen Daten der Kontakte. Exakt dies ermöglichen einige Berechtigungsklassen für Facebook-Anwendungen! Anwendungen können Profildaten aus Sicht desjenigen lesen, der die Berechtigung erteilt!
Praktisches Beispiel: Angenommen keiner deiner Kontakte gibt seinen/ihren Beziehungsstatus öffentlich Preis. Aber alle haben einen Status, für Freunde einsehbaren, hinterlegt. Jetzt fragt dich irgendein Spiel (u.a.) nach Zugriff auf den Beziehungsstatus deiner Freunde und du akzeptierst. Die App kann diese, nicht öffentlichen Beziehungsstati nun lesen und diese Profildaten dann bspw wiederum an eine Dating-Anwendung verkaufen.
Entgegen der pauschalen Aussage „Anwendungen können Profildaten aus Sicht desjenigen lesen, der die Berechtigung erteilt!“, muss ich der Vollständigkeit halber ergänzen, dass es auch Anwendungs-Berechtigungen gibt, mittels derer eine Anwendung mit den Leseberechtigungen eines „Freundes“ des Freigebende agieren kann (Lesen von Daten die für „Freunde von Freunden“ sichtbar sind). Nichtsdestotrotz umgeht dies die Limitierung des Leserechts auf ausschließlich „öffentlichen“ Daten.
Letzlich sollte sich jeder überlegen, was er im Netz veröffentlicht. Darübermachen sich die wenigsten User Gedanken. Auch die angesprochene Prüfung der APP-Zugriffsrechte wird bei den meisten hinter dem „muss ich unbedingt haben“ zurückgestellt. Was vor allem auch daran liegt, dass immer jeder auch das besitzen möchte, was er bei einem Anderen gesehen hat. Hier liegt der Hund im Pfeffer und der Hase begraben.
Ich frage mich, wie wir durch unsere Jugend gekommen sind….ohne Apps, Handys und den ganzen Kram. Ich glaube sogar besser und freier. Die heutigen Welt beschränkt doch ungemein. Wer sich dessen bewusst wird, kann sein Leben vielleicht auch wieder freier gestalten!
Zurück zum Mensch und mehr Abstand zur Maschine…
Ich bin der Meinung das wir ein neues Verständnis für unsere Daten brauchen. Ich würde sogar soweit gehen das man sagen sollte jeder der sich im Internet aufhält ist Öffentlich zu betrachten. So könnte man Facebook damit vergleichen das man einen Spaziergang macht mit einem Großen Schild auf welchem alle relevanten Personendaten stehen. Ob das nun gut oder schlecht ist sei dahingestellt.
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@Herr Dr. Karg
Ja, gerade die Weitergabe von Daten aus dem Freundeskreis sehe ich auch als kritisch an. Es gibt aber eine Möglichkeit, dem vorzubeugen. Ein Blogartikel dazu folgt!
@Karen
Käufer für Personendaten finden sich immer. Oftmals bekommt man dann den vollen Namen, Wohnort, (Aus)Bildung, Jobs, persönliche Interessen, Alter etc. Und dank solcher Apps ist das Sammeln recht einfach und geschieht quasi im Hintergrund. Wie die Daten dann aber tatsächlich weitergenutzt oder sogar weiterverkauft werden weiß ich natürlich nicht. Aber das Risiko ist auf jeden Fall vorhanden.
@Stephan
Vielen Dank für die Erläuterungen und den Einblick „behind the scenes“. Sehr interessant, wie die technische Seite dabei ausschaut.
@Matthias
Das sehe ich anders. Wenn es bei Facebook die Möglichkeit gibt, einige Profildaten nur mit Freunden zu teilen ist das gut. Wenn Apps diese Einschränkung dann aber umgehen können, werden die User hinters Licht geführt – und das ist definitiv nicht gut. Hier wäre es zum Beispiel schön, wenn man eine Benachrichtigung bekommen würde in der Art von „User XYZ nutzt Anwendung ABC. Er hat der App erlaubt, auf deine Profildaten zuzugreifen. Bist du damit einverstanden? Ja Nein.“
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